Kultur und Kirche
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Das Konzept Kulturkirche in der Praxis – St. Johannis – Kulturkirche Altona
Branford Marsalis, Poetry Slam, Olli Dittrich, Konfirmationen und vier Wochen später ein syrisches Festbuffet für die Ehrenamtlichen der Gemeinde, Verdis Requiem mit Gästen aus Italien und Bachs h-moll-Messe mit dem Chor St. Johannis, dann eine Weinmesse mit edlen Tropfen aus Italien, ein Gottesdienst mit Bildern der „Schlumper“, einer Gruppe aus Künstler*innen mit Behinderungen, Konzerte der Hochschule für Musik an der Kuhn-Orgel, ein Konzert mit der Band Tokio Hotel, der 50ste Geburtstag von Nena und am 19. Juni das Dreigenerationen-Jazz-Duo Heinz Sauer und Michael Wollny.
Kennen Sie die Ecke? Stresemannstrasse, die für Hamburg einträglichste Tempo-30-Zone, nach einem tödlichen Verkehrsunfall eingerichtet, da erwirtschaften zwei Blitzampeln einen beträchtlichen Teil der Einnahmen der Verkehrsbehörde. Ecke Max-Brauer-Alle, einst Bürgermeister von Altona Und über die Sternbrücke, die schon seit Jahren abgerissen werden sollte, bewegen sich ICEs, S-Bahnen von und nach dem Bahnhof Holstenstrasse, ja, die Brauerei ist auch nicht weit. Gegenrichtung: Hamburg Messe, Dammtor und Hauptbahnhof, man kommt gut hin und weg, von diesem und an diesen Ort. Die Generation unserer Kinder macht richtig Party im Wagenbau, im Wasserschaden, im Fundbüro und in den Astrastuben. Allesamt etwas abgeranzte und sehr kultige Clubs für sehr angesagte Musik. Die Plakate zu den Veranstaltungen sind übrigens schon für sich genommen Kunstwerke. Da kann man ablesen, was grafisch in der Szene gerade hip ist. Die rote Flora, alternatives Veranstaltungszentrum und Ausgangspunkt mancher 1. Mai-Demonstration und -Aktion, die dann rituell bundesweit in den Medien für Empörung sorgt, liegt unweit im Schulterblatt (das ist ein Strassenname), die Neue Flora repräsentiert Hamburg als Musical-Event-Standort, das Schanzenviertel ist am Wochenende nicht mehr angenehm begehbar und Partymeile, vom Massendurchlauf fast auf Kiezniveau, aber sonst noch immer, wie lange noch, bis die Immobiliengeldverdiener alles Authentische in den Verkauf gebracht haben werden, ein herrliches Quartier mit Restaurants, Plattenläden (ja, Vinyl!), türkischen Gemüseläden und anderen Gewerben, dem 3001-Kino und doch noch einigen Alteingesessenen. Zurück an die Sternbrücke. „Die Nächte von Beirut“ nennt sich das Schischa-Restaurant neben dem Dönermann, gegenüber sind Sportwetten und nach der zweiten Ampel links geht’s schon rasch zur Reeperbahn und auf die Große Freiheit. Die St. Pauli-Kirche, die dem angrenzenden Stadtteil den Namen gab, wir befinden uns ja in Altona, und durch die Lampedusa-Flüchtlinge und zuletzt durch die Trauerfeier für einen verirrten jugendlichen IS-Kämpfer immer wieder öffentliche Aufmerksamkeit erfährt, ist unsere fussläufige Nachbargemeinde, da war ich mal als Vikar in der Lehre.
In diesem Quartier, in dem Urbanität und eine Art von Idylle unerwartet aufeinandertreffen, unmittelbar angrenzend an die Kirche erblüht momentan wieder besonders opulent der umfriedete Kirchgarten, der ehemalige dänische Friedhof Norderreihe ist zum Wohlerspark geworden und ein Kleinod an Grün mitten im Gewimmel, dort also erhebt sich doch schon prächtig und gleichzeitig etwas hanseatisch zurückgesetzt, die St. Johanniskirche, St. Johannis – Kulturkirche Altona.